Absenkung einer Regelbeurteilung nach Beförderung
von Florian S. Gottlieb
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit der Frage beschäftigt, unter welchen Voraussetzungen die Verschlechterung einer Beurteilung nach einer vollzogenen Beförderung zulässig ist und welche Anforderungen hierfür aufgestellt werden.
Im Jahre 1993 hatte das Bundesverwaltungsgericht die Regel aufgestellt, dass der Zeitraum vor der Beförderung zwar zur Vermeidung von Beurteilungslücken in der dienstlichen Beurteilung zu berücksichtigen sei, allerdings nicht in die Leistungsbewertung und in die Gesamtnote einfließen sollte. Zur Begründung führte das BVerwG seinerzeit an, dass die Zeit vor der Beförderung für die neue Beurteilung praktisch "verbraucht" sei, da der Beamte sich ja zwischenzeitlich durch seine vorherigen guten Leistungen die Beförderung verdient habe. Diese, aus meiner Sicht kritikwürdige, Rechtsprechung, gibt das Bundesverwaltungsgericht nunmehr auf.
An der entscheidenden Stelle in seiner Entscheidung führt das Gericht Folgendes aus:
Ist für die eigentliche Bewertung im Rahmen der Regelbeurteilung vom gesamten Beurteilungszeitraum lediglich die Zeitspanne im höheren Statusamt zu berücksichtigen, bedingt dies, dass diese ausreichend lang bemessen sein muss. Andernfalls verfügte die Bewertung nicht über eine ausreichende tatsächliche Grundlage und wäre nicht aussagekräftig. Die Vorgabe, die Erstellung einer Regelbeurteilung erfordere einen Bewertungszeitraum von mindestens sechs Monaten (vgl. Ziff. 2.2 BB-BND), ist nicht zu beanstanden. Ist der Zeitraum im höheren Statusamt kürzer, entfällt die Regelbeurteilung. Sollte bis zum Stichtag der nächsten Regelbeurteilung - auch wegen der Regelung in § 22 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b BBG ausnahmsweise - eine Beurteilung erforderlich werden, kann eine Anlassbeurteilung erstellt werden.
Dem Zeitraum vor der Beförderung kommt für die Beurteilung keine Bedeutung mehr zu. Sie ist in funktionaler Hinsicht überholt, weil der Beamte bereits befördert und ein Leistungsvergleich mit der alten Statusgruppe daher nicht mehr erforderlich ist. Da Regelungsgegenstand der dienstlichen Beurteilung gleichwohl der gesamte Beurteilungszeitraum ist und Beurteilungslücken daher zu vermeiden sind, muss die Regelbeurteilung auch die Leistungen des Beamten im alten Statusamt erfassen (a. A. Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und Richter, Stand Mai 2023, Rn. 352). Diese Ausführungen bieten einen Anknüpfungspunkt, um etwaige Verschlechterungen in der Beurteilung zu begründen.
Entsprechende Ausführungen enthält die angegriffene Regelbeurteilung indes nicht. Der bloße Hinweis, dass der Kläger infolge seiner Beförderung erstmals an der "starken Gruppe der vielen erfahrenen Oberregierungsräte" zu messen sei, trägt die wesentliche Verschlechterung nicht.
Damit ist nunmehr zunächst einmal klar gestellt, dass sich der Beamte bei einer Absenkung seiner Beurteilung nicht mehr pauschal auf seine Beförderung verweisen lassen muss; vielmehr bedarf es nun einer ausführlicheren Begründung als bisher. In dieser Hinsicht ist die Entscheidung aus meiner Sicht begrüßenswert.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts kann im Volltext auf dessen Internetseite abgerufen werden: BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2023, Az. 2 A 7.22