BayVGH: Übernahme in das Beamtenverhältnis trotz Adipositas

von Florian S. Gottlieb

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass allein das Vorliegen einer Adipositas Grad I (BMI zwischen 30 bis 34,9 kg/m²) nicht die Prognose mangelnder gesundheitlicher Eignung bei der Entscheidung über die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit rechtfertigt (BayVGH Beschl. v. 13.04.2012, Az.: 3 BV 08.405).

Die Bewährung während der Probezeit erfordert in gesundheitlicher Hinsicht, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen. In der letzten Zeit hat sich immer mehr herauskristallisiert, dass der BMI als Indikator für die Prognoseentscheidung wenig tauglich ist. Allen Betroffenen empfehle ich etwa den lesenswerten Aufsatz von Hillebrecht, ZBR Heft 3/2011, Seite 84 ff. "Die gesundheitliche Eignung für ein öffentliches Amt bei Übergewicht und Adipositas".

Im vorliegenden Fall hatte der BayVGH über ein Urteil des Verwaltungsgerichts München (6.11.2007, Az: M 5 K 07.2856) zu entscheiden:

Die 1969 geborene Klägerin wurde nach dem zweiten Staatsexamen Anfang 2002 als Studienrätin z.A. für das Gymnasium in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen.

Eine amtsärztliche Untersuchung während der Probezeit ergab, dass die Klägerin für die Tätigkeit als Lehrerin gesundheitlich geeignet sei. Da jedoch erhebliches Übergewicht vorliege, sei es zwingend notwendig, dass die Klägerin ihr Gewicht deutlich reduziere. Nach vierteljährlichen Gewichtskontrollen und ausreichender Gewichtsreduktion (BMI unter 30) sei es erforderlich, dieses Körpergewicht über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren zu halten. Im Anschluss daran werde eine erneute Nachuntersuchung empfohlen.

Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus verlängerte daraufhin die Probezeit der Klägerin bis Februar 2007 gab ihr auf, vierteljährliche Gewichtskontrollen beim Hausarzt oder Gesundheitsamt durchzuführen und das Ministerium davon entsprechend zu unterrichten.

Hiergegen richteten sich Widerspruch und Klage der Klägerin.

Dem gab das Gericht in zweiter Instanz nun statt und hob die angefochtenen Bescheide auf. Ferner verurteilte das Gericht den beklagten Freistaat Bayern, die Klägerin in des Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu übernehmen. Das Gericht führt Folgendes aus (Rn. 33):

Die Prognoseeinschätzung des Beklagten ist nach Auffassung des Senats nicht mehr vom Beurteilungsspielraum der Behörde gedeckt. Der Beklagte ist bei der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung der Klägerin insoweit von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, als er aufgrund des Übergewichts der Klägerin ein deutlich höheres Risiko bejaht hat, dass die Klägerin vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze dauernd dienstunfähig wird oder häufiger erkrankt als andere Beamte ihrer Altersgruppe. Diese Prognoseentscheidung ist nach Auffassung des Senats unzutreffend.

Es kommt demnach auf Folgendes an:

Der Dienstherr muss auf Grundlage der (amts-)ärztlichen Feststellungen eine Prognoseentscheidung treffen. Sofern sich diese Feststellungen auf eine unrichtige Tatsachengrundlage stützen, hat auch die Entscheidung des Dienstherrn keinen Bestand mehr.

Diese unrichtige Tatsachengrundlage besteht darin, dass sich in neueren Studien eben kein Zusammenhang zwischen einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit und einer Adipositas (zumindest bei Grad I) gezeigt hat.

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