Update 07/2024: Corona-Infektionen als Dienstunfall
von Florian S. Gottlieb
Eine Grundschullehrerin aus Oberfranken wollte mit ihrer Klage vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth die Anerkennung ihrer Corona-Infektion als Dienstunfall erreichen.
Das Gericht hat den Fall aus zwei rechtlichen Perspektiven geprüft: Zunächst hat das Gericht festgestellt, dass ein Dienstunfall im Sinne des Art. 46 Abs. 1 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) nicht vorliegt. Die Voraussetzungen dahingehend, dass die Ansteckung mit dem SARS-CoV-2-Virus zeitlich und örtlich bestimmbar sein muss, seien nicht erfüllt. Es reiche insbesondere nicht aus, wenn die Inkubationszeit und der Ort, an dem sich der Beamte während dieser Zeit aufgehalten hat, bekannt sind. Vielmehr müssen Ort und Zeitpunkt der Infektion "feststehen", was hier aber nicht der Fall war.
Auch eine Anerkennung der Infektion als Berufskrankheit wurde durch das Gericht abgelehnt. Zwar kann die durch den Erreger SARS-CoV-2 ausgelöste Erkrankung COVID-19 grundsätzlich eine Berufskrankheit darstellen. Dies gelte aber nur dann, wenn die betroffene Person im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war (Nr. 3101 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung – BKV). Eine solche Gefahr hat das Gericht im Fall der Klägerin nicht festgestellt.
Zusammenfassend muss man daher feststellen, dass die Gerichte teils sehr hohe (meiner Meinung nach überzogene) Anforderungen an die von den Beamtinnen und Beamten zu erbringende Beweislast stellen.
UPDATE 02.07.2024:
Kehrtwende beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof: Der BayVGH hat mit Urteilen vom 5. Juni 2024 die Berufungen des Freistaates Bayern gegen Urteile der Verwaltungsgerichte Augsburg und Würzburg zurückgewiesen und den Freistaat Bayern dazu verpflichtet, die jeweils bei den Klägern eingetretenen Corona- Infektionen als Dienstunfall anzuerkennen.
Der erste Fall betrifft einen Polizeibeamten aus dem Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West. Dieser hatte sich während eines Lehrgangs für Sportübungsleiter infiziert. Der Lehrgang wurde schließlich abgebrochen, nachdem sich ein großer Teil der Teilnehmer infiziert hatte, nahezu alle Teilnehmer waren spätestens nach dem
Der zweite Fall betrifft einen Kehrer an einer staatlichen Wirtschaftsschule in Unterfranken. Die Schule des erkrankten Beamten war ein Covid-Hotspot; rund 1/3 der Lehrer und je nach Klassen, in welchen der Lehrer unterrichtete, bis zu 19 von 23 Schülern erkrankt. Hinzu kam, dass der Lehrer während seines Präsenzunterrichts den Mindestabstand von 1,5 m zu den Schülern aus zwingenden pädagogisch-didaktischen Gründen unterschreiten musste. Auch hielten einige Schüler die vorgeschriebenen Infektionsschutzmaßnahmen nicht ein.
Das Gericht stellt in beiden Fällen fest, dass daher besondere Umstände vorlagen, die bei den Klägern zu einer auch unter Berücksichtigung der damaligen pandemischen Situation im Vergleich zur übrigen Bevölkerung erheblich höheren Übertragungsgefahr geführt haben. Die Entscheidungen tragen die Aktenzeichen: BayVGH, Urteile vom 5. Juni 2024, Az.: 3 BV 21.3116 und 3 B 22.809
Die Entscheidungen sind momentan als Pressemitteilung abrufbar; sobald die Entscheidungen im Volltext verfügbar sind, werde ich diesen Artikel gegebenenfalls erneut aktualisieren.